Vorenthaltene NRW-Investitionsmittel für die Kliniken der Stadt Köln von ca. 340 Mio. € in 12 Jahren
Die Stadt Köln ist gezwungen die Klinik-Schulden zu bezahlen
Die gesetzlichen Krankenkassen werden über „Klinikinvestitionen aus Eigenmitteln“ fehlbelastet und die Klinik-Mitarbeiter*innen überlastet
Auf Antrag von Frau OB Reker beschloss der Kölner Stadtrat am 15.6.2023 das Zukunftsmodell 1+0 der Kliniken der Stadt Köln gGmbH (KSK). Es handelt sich um eine Zentralisierung der drei städtischen Kliniken als Gesundheitscampus Köln-Merheim mit Neubau einer Kinderklinik, Schließung des Kinderkrankenhauses in der Amsterdamer Straße und des Krankenhauses Holweide sowie Abbau von 400 Betten und 381 (11,4 %) Mitarbeiterstellen (1). Entscheidendes Motiv für die Klinik-Geschäftsführung und den Stadtrat sind hohe Verluste der KSK in den letzten Jahren. Der Bedarf der Kölner Bevölkerung an den drei Klinikstandorten wird durch eine Petition mit über 62.000 Unterschriften belegt, aber der Bedarf wird von der Stadt Köln nicht berücksichtigt.
Nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (1972) waren Bund und Land Träger der Investitionen in die Plankrankenhäuser. Der Investitionsbedarf liegt bei mindestens 7-8 % des Krankenhausumsatzes im Schnitt aller Plankrankenhäuser (2). Für die Kliniken der Stadt Köln als regionale Spitzenversorger sollte von 10 % für den Erhalt von Gebäuden und für die Geräte ausgegangen werden. In den 12 Jahren von 2011-2022 (3) besteht somit ein Gesamt-Investitionsbedarf von 413,3 Mio. €. Der Bund hat sich 1984 per Gesetzesänderung von Krankenhaus-Investitionsmitteln entlastet. Das Land NRW hat den KSK im genannten Zeitraum 74,6 Mio. € Fördermittel (18,1 % des Gesamt-Investitionsbedarfs) gegeben. Die Finanzierungslücke in 12 Jahren betrifft ca. 340 Mio. €. In diesem Zeitraum haben die KSK 166,3 Mio. € (40,2 % des Gesamt-Investitionsbedarfs) aus Eigenmitteln und Darlehen investiert. Eigenmittel stammen aus Behandlungspauschalen, die von Mitarbeiter*innen über die Deckung der Kosten hinaus erbracht werden und stammen von den Krankenkassen. Diese sind gesetzlich nicht für Investitionen zuständig. Je nach Geschäftslage müssen für Eigenmittel auch Darlehen aufgenommen werden, deren Tilgung mitunter den Steuerzahler trifft. Nach der Investition von Landesmitteln, Eigenmitteln und Darlehen besteht ein restlicher Investitionsbedarf von 172,4 Mio. € (41,7 % des Gesamt-Investitionsbedarfs), der von Fr. OB Reker als 3-stelliger Investitionsstau bezeichnet wird (4).
Die Behandlung der Patienten wird über Behandlungspauschalen der Krankenkassen vergütet. Im Rahmen der Kostensteigerungen haben die Behandlungspauschalen die Behandlungskosten nicht mehr abdecken können. Besonders nach dem Ende der Sonderzahlungen infolge der Pandemie traten große Verluste und jährliche Zinszahlungen von 20 Mio. € zu Tage. Ende 2023 waren die KSK mit 533,2 Mio. € verschuldet. Die Gesamtschuld wird jetzt von der Stadt Köln zur Verhinderung einer Klinikinsolvenz übernommen. Bund und Land sparen Gelder bei der Gesundheitsvorsorge, während die Kölner Bürgerschaft zu Zahlungen gezwungen ist. Danach soll die städtische Krankenhausversorgung in Köln auf einen einzigen Standort in Merheim geschrumpft werden.
Die Schließung der Kinderklinik Amsterdamer Straße in bester, zentraler Lage belastet besonders die Kinder im Kölner Norden, denen mit ihren Familien eine sehr aufwendige Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Merheim auferlegt wird. Sie erleiden den Abbau ihrer Gesundheitsversorgung während das Land NRW den Kölner Norden soeben auf Antrag der Stadt zur strukturschwachen Gesundheitsregion erklärt hat. Die andere NRW-Gesundheitsregion ist der Hochsauerlandkreis, beide werden mit 0,75 Mio. € in 3 Jahren gefördert.
Der geplante Gesundheitscampus in Merheim fordert von der Stadt Köln weitere hohe Investitionsmittel von geschätzt 1 Milliarde €. Der Erhalt an den Klinikstandorten und die weitere Sanierung der bereits teilsanierten Kliniken ist günstiger, nachhaltiger und bedarfsgerechter (5) (6) (7). Durch das Zukunftsmodell 1 + 0 werden weitere Einsparungen im Stadthaushalt insbesondere zulasten sozialer Einrichtungen, der Verkehrswende und des Klimaschutzes folgen.
Eine kostendeckende Finanzierung der Krankenhäuser ist dringend erforderlich!
Vollständiger Erhalt des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße und des Krankenhauses Holweide!
Najib Ramz 1. Sprecher Aktionsbündnis koelnerklinikretter | Walter Klüwer 2. Sprecher Aktionsbündnis koelnerklinikretter |
Quellen
(1) Auszug aus der Niederschrift der Sitzung des Finanzausschusses vom 20.3.2023, Kliniken der Stadt Köln gGmbH: Zukunftsmodell; und: Kämmerin Frau Prof. Dr. Diemert. Beantwortung einer Anfrage, Gesundheitsausschuss, vom 25.4.2023
(2) Augurzky, Boris u.a.: Krankenhaus Rating Report 2023. Medhochzwei, Heidelberg. S. 15
(3) Zahlen aus dem Bundesanzeiger, Unternehmensregister extrahiert
(4) Beschlussvorlage der Oberbürgermeisterin betreffs Kliniken der Stadt Köln gGmbH: Zukunftsmodell, vom 24.2.2023)
(5) Ausführliche Dokumentation: https://medicol.de/dokumentation-vorenthaltene-nrw-investitionsmittel-fuer-die-kliniken-der-stadt-koeln-von-ca-340-mio-e-in-12-jahren/
(6) Weitere Infos: https://www.koelnerklinikretter.de/
(7)Weitere Infos: https://erhalt-krankenhaus-koeln-holweide.blogspot.com/